Thomas Metzinger beim Sommer-Symposium

Fotocredit: Veysel Celik AVA Arthouse Studio

Gemeinsam gestalten der Benediktushof und die West-Östliche Weisheit Willigis Jäger Stiftung ein Symposium der besonderen Art: ein fröhliches Sommerfest mit spannenden Vorträgen, viel Austausch, Erleben und Erfahrung. Der Philosoph Prof. Dr. Thomas Metzinger spricht beim Sommer-Symposium vom 16.-18. Juni 2023 auf dem Benediktushof über „Bewusstseinskultur und die planetare Krise“.

Wir haben ihn im Vorfeld befragt:

Angesichts unserer globalen Situation und Ihrer Erfahrungen, würden Sie sich als Optimist oder als Pessimist bezeichnen?

TM: Weder noch – worum es ja geht, ist eine neue Form von Realismus. Wir dürfen die jeweils aktuelle wissenschaftliche Datenlage nicht ignorieren und in irgendein pseudo-spirituelles Disneyland flüchten. Wir müssen aber auch unsere Selbstachtung bewahren und irgendwie lernen, weiterhin in der äußeren Welt das Richtige zu tun, ohne Hoffnung auf Erfolg, einfach, weil es das Richtige ist.

Wenn Sie auf das Weltgeschehen Einfluss nehmen könnten, welchen nächsten Schritt würden Sie uns als Menschheit verordnen?

TM: Mehr als einen… Ein grünes Schrumpfen und der Ausstieg aus dem Wachstumsmodell in den reichen Ländern, sanftes grünes Wachstum in den armen Ländern. Die Weltbevölkerung muss mittelfristig auf ein bis zwei Milliarden gesenkt werden – wie das auf ethische vertretbare und global gerechte Weise geschehen könnte, ist allerdings vollständig unklar. Wir müssen viel genauer und ernsthafter über all diese Dinge nachdenken. Der möglichst schnelle Verzicht auf alle Produkte, die direkt oder indirekt zu Tierleid führen; eine möglichst schnelle Dekarbonisierung der gesamten Weltwirtschaft. Die wirklich wichtigen, fundamentaleren Schritte – etwa die Entwicklung einer rationalen Bewusstseinskultur, die trotzdem spirituelle Tiefe besitzt – sind jedoch alles solche, die man nicht „verordnen“ kann. Autoritäten und organisierte Bewegungen, sind etwas sehr Gefährliches. „Auf das Weltgeschehen Einfluss nehmen“ – vielleicht ist das in sich selbst schon eine gefährliche Idee. Trotzdem sollten wir unsere Verpflichtung anerkennen, das Leid aller bewussten, leidensfähigen Wesen immer weiter zu reduzieren, insbesondere bei all denen, die noch nicht geboren sind.

Vielen Dank für den Einblick, wir freuen uns auf Ihren Vortrag beim Sommer-Symposium!

„Was bedeutet es, sich radikal ehrlich zu machen und der Wahrheit ins Angesicht zu schauen?“

                 (Prof. Dr. Thomas Metzinger)

 

Buchtipp, verfasst von Alexander Poraj zu „Bewusstseinskultur“

Die Zeiten, in denen Spiritualität eher Ausdruck individueller Sinnsuche war und gleichzeitig eine Gegenbewegung zu den etablierten Religionen darstellte, gehen langsam zu Ende. Die Spiritualität wird „erwachsen“, rückt damit in den Fokus ernsthafter und – seien wir mal ehrlich- längst fälliger kritischer Betrachtungen. In diesem Kontext kommt den Arbeiten des Philosophen Thomas Metzinger eine wichtige Rolle zu. Sein neues Buch „Bewusstseinskultur“ ist deswegen schon lesenswert, weil es auf präzise Art eine Standortbestimmung der Spiritualität unternimmt. Der Autor bleibt aber nicht dabei und skizziert im weiteren Verlauf eine mögliche, ja vielleicht sogar notwendige Entwicklung der Spiritualität, welche unter anderem mit den eigenen Gefahren auf bewusste Weise umzugehen weiß.
Aus meiner Sicht ist das Buch, eben als fundierter konstruktiv-kritischer Beitrag zur Spiritualität, vor allem für uns, die wir uns als „Praktizierende“ verstehen, ein Gewinn.

Weitere Links

Ein Gespräch mit Gert Scobel: „Wir sind eine scheiternde Spezies“,
in „Scobel“ vom 4. Mai 2023

Ein Gespräch mit Prof. Dr. Ahmad Milad Karimi: „Mit säkularer Spiritualität gegen planetare Krise?“,
in „Sternstunden Religion“ vom 23. April 2023

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