Krieg und Frieden
Impulsbeitrag von Alexander Poraj, Zen-Meister der Linie „Leere Wolke“, Mitglied der spirituellen Leitung am Benediktushof. Das Autorengespräch findet am Dienstag, 22. Juli, ab 19.30 Uhr statt.
Es bedarf keiner weiteren Ausführung darüber, dass jeder Krieg mit zu den wohl schlimmsten Erfahrungen gehört, die wir Menschen uns immer noch gegenseitig antun. Das gilt nicht nur für die Opfer, sondern auch für die sogenannten „Sieger“. Dabei wird letzterer Aspekt immer noch gerne übersehen wird, ebenso wie die Tatsache, dass sich die Traumata weit über die unmittelbar betroffene Generation hinaus auswirken.
Was mich dabei irritiert, ist nicht die Tatsache, dass es mal einen Krieg gab, sondern dass es ständig Kriege gibt und – wie es aussieht – auch weitergeben wird, obwohl wir alle zur genüge täglich sehen können, welchem immensen Leid wir uns dadurch aussetzen.

Deswegen lade ich uns alle dazu ein, sich mal nicht nur darüber zu wundern, ja aufzuregen, dass es immer noch so viele uneinsichtige Ignoranten auf der Welt gibt, die Kriege befürworten oder gar anzetteln, sondern ich bitte uns innezuhalten, um herauszufinden, ob es nicht auch an uns liegen könnte, dass es Kriege gab, gibt und vermutlich weitergeben wird.
Beginnen Krieg und Frieden in uns selbst?
Die eine oder andere der folgenden Fragen möge uns bei der Selbsterforschung und dem Bewusstwerden über uns selbst und unsere Haltungen unterstützen:
- Wer sind „wir“ wirklich und welche Kontrolle haben wir tatsächlich über uns selbst?
- Kennen wir uns überhaupt?
- Verfügen wir über ein „Wesen“ oder einen „Kern“, der eine zweifelsfreie grundsätzlich positive Qualität hat, die wir mühelos und konfliktfrei mit allen anderen Menschen teilen können?
- Ist uns bewusst, weshalb so vieles Widersprüchliches in uns angelegt ist?
- Wie kommt es dazu, dass wir zahlreiche unserer täglichen Handlungen als „Kampf“ oder „Krieg“ bezeichnen und diese Bezeichnung als selbstverständlich und gerechtfertigt ansehen?
- Ist „Kampf“ etwa nicht die Haupteigenschaft jeden Krieges?
- Sind Kämpfe immer dann zulässig, wenn sie für eine gute Sache geführt werden?
- Wer bestimmt für alle anderen mit, was „gut“ und „richtig“ ist – und nach welchen Kriterien? Und was geschieht mit denen, die dann immer noch anderer Meinung sind?
- Wären viele Kriege nicht dadurch gerechtfertigt, dass sie in der Regel von den Kriegstreibenden für eine „gute Sache“ geführt werden?
- Heiligt das Ziel wirklich die Mittel? Und wenn ja, dann sind gerechtfertigte Kämpfe und somit auch Kriege zulässig?
- Weshalb besteht ein wesentlicher Teil unserer Menschheitsgeschichte aus Kriegen? Haben wir in weiten Teilen Europas seit paar Jahrzehnten wirklich Frieden oder einen verlängerten Waffenstillstand? Sind wir politisch gerade dabei, Frieden zu sichern oder den Waffenstillstand zu verlängern?
- Leben wir mit uns selbst in Frieden? Sind wir tatsächlich für den „Frieden“ gemacht? Und wenn ja, weswegen „kämpfen“ wir nahezu täglich und bei uns beginnend gegen eigene Schwächen, „Schatten“, mit Cremen gegen Falten im Gesicht, mit Antibiotika gegen Bakterien und nicht zuletzt gegen den Tod? Wer wären wir, würden wir alle diese täglichen Kämpfe und Kriege wirklich gewinnen? Wären wir dann noch Menschen? Oder doch andere Wesen?
„Unter friedlichen Umständen fällt der kriegerische Mensch über
sich selbst her“
(F. Nietzsche)

Haben wir auf diese und viele andere uns wirklich betreffende Fragen eindeutige und für alle Menschen und Zeiten geltende Antworten? Und wenn jemand diese Frage mit „ja“ beantworten kann, wäre das der Ausdruck von Weisheit oder eine weitere Dogmatisierung, für die es sich zu kämpfen lohnen würde, damit sie durchgesetzt wird?
Es grüßt euch
Alexander
Das Autorengespräch mit Alexander Poraj findet am Dienstag, 22. Juli um 19.30 Uhr statt – online & kostenfrei via Zoom.
