Als Langzeitgast auf dem Benediktushof

Erfahrungen und Informationen

Wie eine Hochgebirgswanderung beschreiben manche Teilnehmer*innen die Zen- oder Kontemplationskurse auf dem Benediktushof. Das intensive Tagesprogramm, das Schweigen und ganz bei sich bleiben sowie das lange Sitzen in Stille kann mitunter dicht und herausfordernd sein. Einige Gäste wünschen sich nach einem solchen Kurs, für einen längeren Zeitraum am Benediktushof als Ort der inneren Einkehr mitleben und die eigenen Präsenz weiter einüben zu können; ganz im eigenen Rhythmus und als intensive Auszeit vom Alltag – sei es zur Vertiefung der spirituellen Praxis, zur persönlichen Entwicklung oder als Prozess der inneren Heilung.

So ging es Stefan Pobbig nach einem Zen Kurzsesshin. Er ist jetzt für vier Wochen als Langzeitgast auf dem Benediktushof. Sein Tag beginnt früh morgens mit zügigem Gehen im Hof und anschließender Meditation mit der Hausgemeinschaft und endet abends mit dem Schlagen der Außenglocke mit dem gemeinsamen Rezitieren. In der freien Zeit, in der nicht gearbeitet oder meditiert wird, lässt er den Hof mit seinen Gärten auf sich wirken zu lassen und entdeckt in der Natur der Umgebung versteckte Rückzugsorte.

Ein Hauptbestandteil des Langzeitaufenthalts ist die Mitarbeit am Hof. Während die regulären Kursteilnehmer im Rahmen ihres Tagesprogramms vormittags eine Stunde in die Arbeit am Hof eingebunden sind, umfasst die Mitarbeit bei Langzeitgästen täglich insgesamt fünf Stunden. In Anlehnung an das „ora et labora“-Prinzip eines klösterlichen Lebens, hilft Stefan z.B. in der Küche oder versorgt den Blumenschmuck in den Kursräumen. Die tägliche Arbeit versteht sich als ebenbürtiger Teil der spirituellen Übung: Bei jedem Handgriff ganz gegenwärtig zu sein und die Arbeit mit derselben Achtsamkeit zu verrichten wie die täglichen vier Stunden Meditation. So findet sich die Stille mehr und mehr auch in den alltäglichen Dingen und kann dazu beitragen, die spirituelle Praxis anschließend leichter in den Alltag zu integrieren.

Für Stefan ist es (zudem) interessant, den Benediktushof und die Mitarbeiter*innen besser kennenzulernen. Positiv überrascht hat ihn, wie er direkt in die täglichen Rituale z.B. im Speisesaal und an der Außenglocke eingebunden wurde. „Man fühlt sich als Teil des Ganzen“, so Stefan. Den Text an der Außenglocke hat er bereits verinnerlicht„Mögen alle, die den Klang der Glocke hören, Trost erfahren in ihrem Leid und Frieden und Freude finden in ihrem Leben. Mögen alle Wesen glücklich sein“

Es sind bis zu acht Langzeitgäste gleichzeitig auf dem Benediktushof. Sie bilden für zwei bis vier Wochen eine Gemeinschaft. Stefan Pobbig findet es leichter in der Gruppe zu meditieren als alleine. „Jeder schätzt die anderen und ist froh, wenn sie da sind. Die Gruppe motiviert und gibt Halt.“ Sie trifft sich mehrmals in der Woche zu Gesprächsrunden und Impulsen mit Kontemplations- oder Zen-Lehrer*innen, die am Benediktushof tätig sind. Stefan schätzt die spirituelle Präsenz und Kompetenz, die überall gegenwärtig ist. In der Regel ist bei den dreimal täglichen Einheiten zum Sitzen und Gehen mindestens eine erfahrene Person dabei, die am Morgen auch die Möglichkeit zum Einzelgespräch anbietet.

„Das gibt Kraft. Es passiert etwas in der Stille.
Was das ist, kann jeder für sich selbst rausfinden.“

(Stefan, Langzeitgast am Benediktushof)

Ganz vielfältige Impulse bekommen die Langzeitgäste, wenn sie Vorträge von unterschiedlichen Zen- und Kontemplationslehrer*innen besuchen. Zu allen Vorträgen, die im Rahmen von Zen- oder Kontemplationskursen gehalten werden, sind die Langzeitgäste herzlich eingeladen und können so den Blick und die eigene Perspektive immer wieder neu weiten. Für körperlichen Ausgleich sorgen gelegentlich stattfindende Yogastunden oder Tiefenentspannung zu Gongklängen.

Die Stille ist am Benediktushof ein wesentliches und prägendes Element. So ist auch der Aufenthalt als Langzeitgast ein überwiegend schweigender. Die Hausgruppe schweigt bei den Mahlzeiten, bei der Arbeit und im Haus.

Still und achtsam im gerade stattfindenden Moment gegenwärtig und ohne Ablenkung bei sich sein, das unterstützt die spirituelle Praxis. Gelegenheit zum Gespräch gibt es dennoch, z.B. wenn man sich zu einem Spaziergang durch die Felder und Wälder um den Benediktushof verabredet.

Voraussetzung für den Aufenthalt als Langzeitgast ist der Besuch eines Einführungskurses und eines weiteren, mindestens viertägigen Kurses in Kontemplation oder Zen am Benediktushof, so dass eine Grundlage der spirituellen Praxis und die wesentlichen Abläufe und Rituale bekannt sind. Das Alter oder die Glaubensrichtung spielen (hingegen) keine Rolle.

Organisiert und begleitet wird der Langzeitaufenthalt von Andrea Hetkamp aus dem Kursbüro, die selbst als Langzeitgast an den Benediktushof kam. An sie können sich alle wenden, die Interesse an einem längeren Aufenthalt haben. Für Stefan ist „schon allein die Art, wie sie sich um die Gruppe kümmert, einen Langzeitaufenthalt wert“. Offen, geduldig und herzlich gehe Andrea auf jeden ein, da sie aus eigener Erfahrung weiß, wie wertvoll ein so tiefes Einlassen auf die Stille für jeden persönlich sein kann. Genau dieses immer neue Einlassen auf die Wirkkraft der Stille unterstützt nicht nur jeden Einzelnen in seinem/ihren persönlichen Prozess, sondern trägt auch wesentlich zur Atmosphäre am Benediktushof bei. So können die anderen Kursteilnehmer leichter bei sich selbst ankommen, in die Tiefe gehen … oder eben ins persönliche Hochgebirge.

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